Produktspezifische Ausschreibung?
-
21.11.2016
Von Hans-Michael Dimanski
1. Es liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung vor, wenn der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen gegen den Grundsatz der Produktneutralität verstößt, ohne nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe dafür anzugeben. Die Bestimmung scheint dann willkürlich getroffen und diskriminiert andere Wirtschaftsteilnehmer.
2. Eine angestrebte Vereinheitlichung der Technik hat nicht zwingend zur Folge, dass nur auf die Fabrikate eines Herstellers zurückgegriffen werden muss. Entscheidend ist, dass die Produkte von verschiedenen Firmen zuverlässig miteinander kommunizieren können. Dass dies ausschließlich bei Verwendung von Produkten der angegebenen Firma der Fall sein soll, ist vom darlegungs- und beweisbelasteten Auftraggeber auszuführen, detailliert zu begründen und in der Vergabeakte zu dokumentierten.
3. Produktvorgaben können zwar gerechtfertigt sein, wenn andernfalls ein unwirtschaftlicher Aufwand in Bezug auf die Ersatzteilhaltung, Mitarbeiterschulung und Wartungsarbeiten erforderlich wird. Dazu hat der Auftraggeber nachzuweisen, dass sich z.B. der Schulungsaufwand durch den Einbau verschiedener Produkte erhöht. Denn auch beim Einbau von neuentwickelten Produkten eines bereits bekannten Herstellers kann Schulungsaufwand entstehen, der im Einzelfall nicht geringer sein muss, als bei Einführung eines neuen Produkts eines anderen Herstellers.
4. Der Auftraggeber hat den Gang und die wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens zeitnah und fortlaufend in den Vergabeakten zu dokumentieren. Dies dient dazu, die Entscheidungen der Vergabestelle transparent und sowohl für die Bieter und die Nachprüfungsinstanzen überprüfbar zu machen. Ein Vergabevermerk erst nach Abschluss des Verfahrens und Zuschlagserteilung genügt nicht.
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.05.2016 - 1 VK 18/16