Kann ein Mängelbeseitigungsverlangen unverhältnismäßig sein, wenn falsches Material eingebaut wurde?

1. Die vorbehaltslose Abnahme hat auch bei Bauverträgen nach VOB die Wirkungen des § 640 Abs. 2 BGB, wonach dem Auftraggeber die Gewährleistungsrechte bei Abnahme eines mangelhaften Werkes nur dann zustehen, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei Abnahme vorbehält. Ein Ausschluss der Mängelrechte kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Auftraggeber in Kenntnis des Mangels die Abnahme vornimmt, wozu das positive Wissen des Auftraggebers gehört, durch welchen Fehler der Wert oder die vertragsmäßige Tauglichkeit des Werkes aufgehoben oder gemindert wird. Bloßes Kennenmüssen reicht für den Ausschluss der Gewährleistungsansprüche nicht aus.

2. Auch im VOB-Vertrag steht dem Auftraggeber bei Mängeln ein Anspruch auf Kostenvorschuss zu.

3. Einer Fristsetzung zur Mängelbeseitigung bedarf es nicht, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer unter Vorlage eines Sachverständigengutachtens dazu auffordert, den vertragsgemäßen Zustand herzustellen und der Auftragnehmer diese Forderung zurückweist und damit die Nacherfüllung verweigert.

4. Der Auftragnehmer kann die Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit verweigern, wenn mit der Nachbesserung der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielbare Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Aufwandes steht. Unverhältnismäßigkeit ist daher nur dann anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer völlig ordnungsgemäßen vertraglichen Leistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht, der unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Hierbei ist zu Lasten des Auftragnehmers auch zu berücksichtigen, ob und in welchem Ausmaß er den Mangel verschuldet hat.

5. Baut der Auftragnehmer vorsätzlich ein anderes als das vertraglich vereinbarte Material ein, obwohl im Leistungsverzeichnis das einzubauende Bettungsmaterial konkret bezeichnet ist, ist die Mängelbeseitigung nicht unverhältnismäßig.

LG Aachen, Urteil vom 20.09.2013 - 7 O 312/12


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